Klartext zu Klimapolitik, Haushalt und Schuldenbremse

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Gemeinsame Kämpfer für liberale Politik: Katja Hessel (Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium) und der niederbayerische FDP-Landtagsabgeordnete Alexander Muthmann.

In der Berliner Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP knirscht es. Auf der einen Seite eine rigide Umweltpolitik, die den Klimawandel stoppen soll mit Verbrenner-Aus sowie Verbot von Öl- und Gasheizungen. Auf der anderen Seite stehen die Freien Demokraten, deren Credo es ist: Solide Staatsfinanzen sind die Grundlage für die Zukunftsfähigkeit des Landes und eine wichtige Verantwortung für die nächsten Generationen. In der Bundesregierung gibt es vor allem zwischen dem FDP-geführten Finanzministerium und dem Umwelt-Ressort der Grünen Unstimmigkeiten. Die Klimapolitik sorgt für Konfliktstoff. Die einen wollen dies im Eiltempo schaffen unter hohem staatlichen Kosteneinsatz, wir fordern haushaltstechnische Disziplin und eine realistischere Zielsetzung.

"Die Schuldenbremse muss eingehalten werden"

Hessel wird dazu deutlich: „Wir haben uns in der Koalition ja auf Ziele geeinigt. Dazu gehört auch das wichtige Thema der soliden Finanzen.“ An der Schuldenbremse ist für sie und die FDP generell nicht zu rütteln und sie bekommt hier große Zustimmung von ihrem bayerischen Parteikollegen und Haushaltsexperten Muthmann. „Die Schuldenbremse wird ab 2023 wieder eingehalten. Dies ist mit dem Haushalt 2023 gelungen“, betont Hessel. „Nun sind wir in den Haushaltsaufstellungen für 2024. Gerade hat Finanzminister Christian Lindner angekündigt, dass er die Vorstellung des Haushaltsentwurfes verschiebt, weil es wohl noch große Unstimmigkeiten in der Koalition bezüglich des Volumens gibt.“

„Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch realisierbar“

Was bedeutet das konkret? „Man muss noch einmal über finanzielle Realitäten reden. Und es müssen Prioritäten gesetzt werden. Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch  realisierbar. Man muss hier auch sagen: Das eine machen, aber das andere nicht vernachlässigen. Wir stellen mit dem Klima- und Transformationsfonds sehr viel Geld für den Umbau zur Verfügung. Aber es muss alles bezahlbar sein und bei einigen Projekten müssen wir uns auch manchmal an physikalischen Gegebenheiten orientieren.“ Ein klares Nein kommt von der FDP zum Aus für Verbrennungsmotoren im Pkw-Bereich ab 2035 und auch beim Gestzesentwurf zum Gas- und Ölheizungsverbot ab 2024 gibt es Widerspruch. Für die FDP ist es wichtig, hier die Stimme zu erheben in der Ampel-Koalition, in der sie mit der SPD und den Grünen am Kabinettstisch sitzt. Hessel stellt klar: „Es geht um deutlichere Kommunikation in manchen Sachen. Lob bekommt man nicht für das, was man verhindert hat. Manchmal muss man schon laut werden. Das war jetzt beim E-Fuel- bzw. beim Verbrenner-Aus so. Da werden Unterschiede innerhalb der Koalition deutlich. Trotzdem: Es gibt eben Dinge, auf die man sich geeinigt hat. Es ist ja nicht so, dass die FDP immer nur dagegen ist und an uns alles scheitern würde. Wir sind als Fortschrittskoalition gemeinsam angetreten.“

„Energiewende ja – doch der Strom muss irgendwo herkommen“

Und gerade, wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit de der Bundesrepublik geht, sehen die Liberalen großen Handlungs- und Nachholbedarf. Hessel: „Dafür sind natürlich auch solide Finanzen notwendig. Dafür ist aber auch Technologieoffenheit notwendig. Das sind die Themen, die wir jetzt etwas lauter nach vorne bringen!“ Beim Verbrenner-Aus und der Energiepolitik zeigt die FDP klare Kante. „Wir wollen genauso wie alle anderen die Energiewende - und zwar eine funktionierende Energiewende. Wir alle wollen zwar immer mehr E-Autos haben. Aber so ein E- Auto fährt nun mal mit Strom und dieser muss produziert werden – und zwar zuverlässig. Wir versuchen gerade, aus Gas und Öl auszusteigen und dadurch auch viel Energie in der Industrie durch Strom zu ersetzen. Doch der Strom muss ja irgendwo herkommen. Auch hier glaube ich, dass man die physikalischen Möglichkeiten und das Machbare zusammen mit der Energiewende zu Ende denken muss.“

„Wir haben kein Einnahmenproblem. Wir haben ein Ausgabenproblem“

Trotz dieser vielen, ambitionierten Vorhaben steht die Haushaltsdisziplin bei den Freien Demokraten ganz oben. „Das ist ein altes Credo der FDP: Wir haben kein Einnahmenproblem. Wir haben ein Ausgabenproblem. Die Steuereinnahmen sind weiterhin gut, die sind auch trotz Krise steigend, allerdings entwickeln sie sich unterschiedlich“, betont Hessel mit Blick auf ihren Landtagskollegen Alexander Muthmann. „In den Ländern sind die Steuereinnahmen höher als im Bund, da die Länder und Kommunen zwischenzeitlich prozentual mehr von den Steuereinnahmen erhalten. Die Einnahmen sind vorhanden. Es ist die Frage, welche Ausgaben getätigt werden und wie viele Schulden dadurch gemacht werden müssen“, rechnet die Finanz-Staatssekretärin vor. „Denn nur weil es ein tolles Projekt im Koalitionsvertrag ist, heißt es nicht, dass dafür auch Schulden aufgenommen werden können. Während der Haushalt 2022 mit 4 Milliarden Euro Zinslast ausgekommen ist, planen wir für 2023 rund 16 Milliarden ein und sind momentan bei 40 Milliarden für das Jahr 2024 angekommen. Gerade die hohe Zinslast zwingt uns, die Verschuldung des Staates zu bremsen. Die Spielräume künftiger Generationen gehen durch weitere Schulden verloren. Die Niedrigzinsphase ist nun vorbei, was auf der anderen Seite zwar für die Inflationsbekämpfung gut ist. Haushaltsdisziplin ist uns wirklich wichtig  und die Schuldenbremse ist auch kein FDP-Fetisch, die Schuldenbremse steht im Grundgesetz.“

„Müssen den Populismus der Bayerischen Staatsregierung kontern“

Am 8. Oktober stehen in Bayern Landtagswahlen an, die FDP kämpft gegen die 5 Prozent-Hürde an und bangt um den Wiedereinzug ins Maximilianeum. Die Fränkin Hessel, die vor ihrem Wechsel in die Bundespolitik in der schwarz-gelben Koalition in Bayern (2008 bis 2013) ebenfalls Staatssekretärin war, ist zuversichtlich und sicher, dass es durchaus Rückenwind aus Berlin geben kann. „Ich glaube, wir machen im Bund einen guten Job, müssen dies aber wesentlich besser kommunizieren. Es ist natürlich die Frage im Wahlkampf, wie man dem Populismus der bayerischen Staatskanzlei begegnen kann. Da kommt ja wenig Inhaltliches, da kommt immer nur Geschrei gegen Berlin! Der Wahrheitsgehalt in den Aussagen tendiert oftmals gegen Null. Bei der Eröffnung der Internationalen Handwerksmesse in München habe ich mir irgendwelche Geschichten über Erbschaftssteuern anhören müssen, die Betriebs-Übertragungen verhindern würden: Wenn es irgendwas gibt, was in der Erbschaftssteuer ausgenommen ist, dann ist es die Unternehmensnachfolge und die Betriebsübertragung. Hier gibt es viele Regelungen, die diese privilegieren. Ein neben mir sitzender Minister sagte, das stimmt doch alles gar nicht, aber auf offener Bühne wird es unter tosendem Beifall verkündet. Da müssen wir in Berlin als FDP, die mitregiert, sehr aufpassen, dass wir in diesem Stoßfeuer gut entgegen argumentieren. In Bayern sollten wir einen Inhalts-Wahlkampf führen: Und hier hat die bayerische Landtagsfraktion in diesen vergangenen fast fünf Jahren – als kleinste Fraktion – eine sehr, sehr gute Arbeit geleistet, gerade auch in der Coronapolitik. Hier war sie die einzige Fraktion, die immer wieder lautstark das mangelhafte Management der Bayerischen Staatsregierung angeprangert hat. Deshalb bin ich da ganz zuversichtlich. Wir haben die Themen, wir werden auf bayerische Themen setzen und wir müssen versuchen, dass wir von Berlin aus die wahlkampftaktischen Manöver aus München kontern.“